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Maekawa Kunio - die Entwicklung des japanischen Modernismus

Architekt

Maekawa Kunio 前川国男 (1905-1986) spielte eine zentrale Rolle bei der Etablierung der architektonischen Stilrichtung des japanischen Modernismus.

Familie

Maekawa Kunio wurde 1905 als erster Sohn von Maekawa Kan'ichi 前川貫一 (1873-1955) und Tanaka Kikue 田中菊枝 (Lebensdaten unbekannt) geboren. Seine Eltern stammten aus einer wohlhabenden Samurai-Familie, deren Status es ihnen ermöglichte, die Modernisierung in der Meiji-Zeit (1868-1912) aktiv zu verfolgen und für sich zu nutzen. Bildung nahm einen hohen Stellenwert in der Familie ein. Schon der Großvater mütterlicherseits, Tanaka Konroku 田中坤六 (1845-1915), war ein sehr gebildeter Mann, der chinesische Klassiker studierte und die russische Sprache lernte.

Sein Vater wurde als Zivilingenieur des Naimushô 内務省 (Ministerium für innere Angelegenheiten) eingestellt, nachdem er 1897 sein Studium an der Kaiserlichen Universität Tôkyô (Tôkyô teikoku daigaku 東京帝国大学) abgeschlossen hatte. Im Laufe seiner Karriere erreichte er den zweithöchsten Rang des chokuninkan 勅任官 (kaiserlicher Beauftragter). 1904 heiratete er Tanaka Kikue im Rahmen einer arrangierten Hochzeit und ein Jahr später kam Kunio zur Welt, gefolgt von zwei weiteren Kindern. Sein Bruder Maekawa Nobuo 前川信夫 (Lebensdaten unbekannt) verstarb bereits in jungen Jahren. Sein anderer Bruder, Maekawa Haruo 前川春雄 (1911-1989), studierte Rechtswesen an der Kaiserlichen Universität Tôkyô. Er wurde 1935 an der Bank of Japan (Nippon ginkô 日本銀行) angestellt und später zu deren 24. Präsidenten ernannt.

Bildungshintergrund

Da er aus einem gebildeten Haus stammte und viele seiner Verwandten erfolgreiche Karrieren hatten, konnte Maekawa eine bestmögliche Bildung erhalten. Dies zeigt sich in seinem akademischen Werdegang, denn er fing 1925 an, an der Kaiserlichen Universität Tôkyô Architektur und Ingenieurwesen zu studieren. Grund für diese Wahl war seine Meinung zur Architektur im Ueno Park, die er als zu konservativ empfand. Während seines Studiums wurde er den zu dieser Zeit neuen europäischen Ideen der Architektur ausgesetzt, welche seine Karriere stark beeinflussten. Aus Protest gegen seine Kommilitonen, die sich alle für deutsche Architektur interessierten, fing er an, sich ausgiebig mit französischer Architektur zu beschäftigen. Maekawa entdeckte sein besonderes Interesse für den schweizerisch-französischen Architekten Le Corbusier (1887-1965), nachdem er von seinem Professor Kishida Hideto 岸田秀夫 (1899-1966) fünf Bücher von Le Corbusier geschenkt bekommen hatte. Dieser war zuvor in Europa gewesen, um an einer Universitätsbibliothek zu arbeiten sowie deren Design zu studieren. Maekawa beschäftigte sich ein Jahr lang mit den Büchern sowie deren Übersetzungen und nutzte sie für seine Abschlussarbeit. Gleichzeitig besuchte er einen Französischkurs, was ihm in seinem späteren Werdegang sehr von Nutzen sein sollte. 1928 schloss er sein Studium erfolgreich ab.

Zeit unter Le Corbusier

Nach seinem Abschluss an der Universität entschloss sich Maekawa dazu, noch im gleichen Jahr nach Paris zu ziehen, um dort unter Le Corbusier zu studieren. Da zu der Zeit nicht genügend Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung standen, war dies das Beste, was Maekawa tun konnte. Als er seinen Eltern von seinem Plan erzählte, befürwortete seine Mutter seine Bestrebungen. Sein Vater stand diesen Plänen jedoch kritisch gegenüber, da Maekawa nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügte. Dieses Problem löste sich, da er finanzielle Hilfe von seinem Onkel Satô Naotake 佐藤尚武 (1882-1971) erhielt, der zu der Zeit in Paris als Botschafter des Völkerbundes stationiert war. Er nahm Maekawa auf und ließ ihn bei sich wohnen.

Die Position seines Onkels ermöglichte es Maekawa, Kontakt zu Le Corbusier herzustellen. Satô bat Le Corbusier auch, seinen Neffen in seinem Atelier einzustellen. Maekawa wurde schließlich als unbezahlter Skizzenanfertiger eingestellt. Am Anfang fiel ihm die Arbeit schwer, da die Standards sowie Ansprüche des Ateliers deutlich höher waren, als er es von seinem Universitätsstudium gewohnt war. Le Corbusier wurde oft wütend, wenn er Maekawas Projektskizzen sah und ließ ihn diese oftmals neu anfertigen. Zu Beginn war das Büro von Le Corbusier noch sehr klein und bestand aus nur 4 Personen: Alfred Roth (1879-1948), Pierre Jeanneret (1896-1967), Le Corbusier und Maekawa. Doch das Atelier gewann stetig an Bedeutung und Status, sodass schließlich Menschen aus 13 verschiedenen Nationen dort arbeiteten: Ernest Weissman (1903-1985), Albert Frey (1903-1998), Norman Rice (1903-1985), Charlotte Perriand (1903-1999), Sakakura Junzô 坂倉順三 (1901-1969) und José Luis Sert (1902-1983).

Maekawa hatte großes Glück, da er zur rechten Zeit am richtigen Ort war und miterleben konnte, wie sich die Ideen und der Stil Le Corbusiers veränderten. Er lernte während dieser Zeit zwei wichtige Dinge: Zum einen wurde ihm die Wichtigkeit von Architekturwettbewerben bewusst, um neue Ideen, die im Widerspruch mit herkömmlicher Architektur standen, zu verbreiten. Le Corbusiers vertrat die Auffassung, dass der Modernismus sich in einem ständigen Kampf gegen das Alte befand. Zum anderen lernte er das Konzept der Maison minimum kennen, welches entwickelt worden war, um die Wohnknappheit infolge des ersten Weltkrieges zu verringern. Sowohl das aktive Anwenden als auch das ständige Hinterfragen von Le Corbusiers Ideen inspirierte ihn, einen eigenen Stil zu entwickeln, der schließlich zum japanischen Modernismus werden sollte.

Zeit unter Antonin Raymond

Auch als Maekawa zwei Jahre später aus Paris nach Japan zurückkehrte, waren die Arbeitsangebote weiterhin sehr eingeschränkt. Das Vorhaben, sich mit einem eigenen Büro selbständig zu machen, musste er aus finanziellen Gründen zunächst aufgeben. Deshalb entschloss er sich, eine Stelle bei dem tschechisch-amerikanischen Architekten Antonin Raymond (1888-1976) anzunehmen, der zusammen mit dem US-amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright (1867-1959) am Imperial Hotel (Teikoku hoteru 帝国ホテル) in Tôkyô arbeitete. Raymond interessierte sich sehr für die traditionelle japanische Architektur und versuchte, sie in Beziehung zum Modernismus zu setzen. Maekawa, der sich bis dahin vor allem mit der europäischen Architektur befasst hatte, begann durch Raymond sich für japanische Architektur zu interessieren. Zusammen mit den Erfahrungen, die er bei Le Corbusier gewonnen hatte, war er nun einen Schritt näher, den Modernismus mit japanischer Note ins Leben rufen zu können. Maekawa arbeitete fünf Jahre lang unter Raymond.

Werdegang während des Kriegs

1935, einige Jahre vor dem Beginn des Sino-Japanischen Kriegs, gründete Maekawa seine eigene Firma, Maekawa Kunio Associates, Architects & Engineers (Maekawa kenchiku sekkei jimusho 前川建築設計事務所). Im Laufe der Zeit konnte Maekawa sich einen Namen machen und weitere Architekten beschäftigen, von denen einige später Karriere machten. Dazu zählen vor allem Tange Kenzô 丹下健三 (1913-2005), Ôtaka Masato 大高正人 (1923-2010), Suzuki Ren 進来廉 (1926-2009) und Kimura Toshihiko 木村俊彦 (1926-2009). Als er seine Firma gründete, verschärfte sich aufgrund der Kriegswirtschaft die ökonomische Lage Japans, was sich im Mangel an Baumaterialien und Arbeitskräften zeigte. Unter diesen Umständen sah sich Maekawa gezwungen, Holz zur Umsetzung seiner Projekte zu nutzen. Zusätzlich wurden viele seiner Mitarbeiter in die japanische Armee einberufen, so dass an eine Ausweitung der Firma nicht zu denken war. Die meisten Aufträge hatte der Staat zu vergeben, so dass Maekawa trotz einer politisch indifferenten Haltung sich auf diese bewerben musste.

1939 erhielt er den Auftrag, für eine japanische Bank ein Wohnheim in Shanghai zu planen und zu bauen. Zu diesem Zweck eröffnete er dort eine Zweigstelle, doch das Projekt lief nicht so problemlos wie erhofft, denn Kommunikationsbarrieren und Zeitdruck zwangen die Zweigstelle, Entscheidungen ohne die Zustimmung Maekawas zu treffen. Maekawa selbst besuchte die Baustelle nur ein Mal für ca. 4 Wochen. 1942 wurde er dann beauftragt, sich an einem Bau der Manshû kôkû 満洲航空 (Mandschurischen Luftfahrt) zu beteiligen. Zu diesem Zweck wurden Mitarbeiter aus der Zweigstelle Shanghai in die Mandschurei versetzt. So breitete sich Maekawas Firma nominell zwar aus, doch verlor er die direkte Kontrolle über Projekte in seinem Namen.

Während der Kriegszeit hatte Maekawa nicht nur mit der Mitarbeiter- und Materialknappheit zu kämpfen, sondern auch mit der nationalistischen Kriegspropaganda, die mittels der Architektur zum Ausdruck kommen sollte. Maekawa war weder politisch aktiv, noch wollte er sich durch die politische Stimmung beeinflussen lassen. Er vertrat vielmehr die Meinung, dass Architekten ihr Handwerk möglichst frei von der Politik gestalten sollten.

Dies war jedoch leichter gesagt als getan, wie bereits die schwierige Auftragslage zeigte. Hinzu kam aber auch, dass sich die Politik selbstverständlich der Architektur als Medium bediente. Besonders kommt dies im sogenannten teikan yôshiki 帝冠様式 (Stil der kaiserlichen Krone) zum Ausdruck, welches zum architektonischen Symbol des Nationalismus geworden war: eine stabile, typisch westliche, aus Beton bestehende Basis, die mit einem schweren Dach im japanischen Stil gekrönt wurde. Obwohl Maekawa und viele seiner Kollegen versuchten, sich dem erwünschten Stil zu widersetzen, wurde bei Architekturwettbewerben und Auftragsvergaben natürlich nach politischen Maßstäben entschieden. So beugte er sich schließlich den Anforderungen, japanische Architektur mit westlichen Elementen zu verbinden und plante ein Gebäude im shoin zukuri 書院造 (Stil des Studierzimmers). Auch wenn der Stil ursprünglich im 15. und 16. Jahrhundert für Wohnhäuser der obersten Gesellschaftsschicht Verwendung fand, nutzte Maekawa sie auf geschickte Art und Weise, um seine eigenen Ideen zu verwirklichen. Er verband in seinen Pläne den Shoin-Stil der Vormoderne mit Eigenschaften des Modernismus. Damit blieb er nicht nur seinem Prinzip treu, „man solle die Vergangenheit respektieren, aber nicht wiederholen“, sondern zeigte auch, dass die japanische Architektursprache der Vormoderne genutzt werden konnte, um einen japanischen Modernismus zu schaffen.

Stilistische Entwicklungen in der Nachkriegszeit

Nach dem Zweitem Weltkrieg stellte die Wohnknappheit in Japan ein sehr großes Problem dar; viele Menschen hatten aufgrund der zahlreichen Bombenangriffe ihr Heim verloren oder kamen ohne familiären Anschluss aus den Kolonien zurück nach Japan. Die Menschen sehnten sich nach der einst gelebten Normalität, die sie durch die Folgen des Krieges nicht mehr hatten. Architekten waren dazu aufgerufen, umsetzbare Lösungen für die Wohnraumknappheit zu finden. So engagierte sich auch Maekawa.

PREMOS

Puremosu jûtaku プレモス住宅 oder kurz Premos war Maekawas Antwort auf die Wohnknappheit, die in den Nachkriegsjahren herrschte. Dabei handelte es sich um billige, massenproduzierte, aber qualitativ hochwertige Wohnhäuser, die wie ein Baukastenset einfach zusammengesetzt werden konnten. Auf einer Fläche von 52 Quadratmeter setzten sich diese aus Spanholzplatten bestehenden Häuser aus Küche, Wohnzimmer, Schlafplatz und Bad zusammen. Als Inspiration für das Konzept diente Le Corbusiers Dom-Ino Projekt, ein einfaches Wohnkonzept nach modularem Prinzip, bei dem die Wohnungen übereinander gelegt werden, um Platz effektiv zu nutzen, sowie das Konzept der maison minimum. Oftmals verglich Maekawa das Premos-Projekt mit der Automobilindustrie in den USA, wo massenproduzierte Autos am Fließband gebaut und zu erschwinglichen Preisen verkauft wurden. Die Einzelteile für die Häuser wurden in einer stillgelegten Werkstatt einer Zweigstelle der Mandschurischen-Luftfahrt-Aktiengesellschaft in der Präfektur Tottori produziert. Die Holzbearbeitungsmaschinen wurden nicht mehr genutzt und standen Maekawa zur freien Verfügung. Premos stellt den Beginn der vorgefertigten Häuser in Massenproduktion in Japan dar; gleichzeitig konnte Maekawa erste Erfahrungen im Bereich der Produktion sammeln.

Bibliothek und Musikhalle der Präfektur Kanagawa 1954

Nach dem Premos-Projekt begann Maekawa, den Raum und seine Verbindungen in den Vordergrund zu stellen, um das „Japanische“ auszudrücken. Für ihn stellte der Raum und seine Einbettung in die Umgebung die größte Errungenschaft der japanischen Architektur dar. Fließende Übergänge zwischen Innerem und Äußerem sollten durch Überlappung der Räume ein harmonisches Ganzes erzeugen. Wie in vormodernen Häusern spielten nun immer öfter Gärten eine Rolle in seinen Entwürfen. Sie sollten einen Dialog zwischen Innen und Außen erzeugen, um die Harmonie der Gebäude mit der Natur zu ermöglichen. Mit der wirtschaftlichen Erholungen des Landes wurde es Maekawa nun möglich, Materialien wie Stahl, Beton oder Aluminium in innovativer Weise zur Umsetzung seiner Ideen zu nutzen.

Die ersten Bauwerke, in denen er einen fließenden Raumübergang erzeugte, waren die Präfekturbibliothek Kanagawa (Kanagawa-kenritsu toshokan 神奈川県立図書館) und die Präfekturmusikhalle Kanagawa (Kanagawa-kenritsu ongakudô 神奈川県立音楽堂), die 1954 fertiggestellt wurden. Diese Bauten wurden aus verstärktem Beton gebaut, so dass die Mauern keine Last trugen, um mehr Spielraum für die Materialvielfalt zu ermöglichen. Glas, vorgeformter Beton oder auch Ziegel wurden genutzt, um die Wände mit unterschiedlichem Lichteinfall freier und kreativer zu gestalten. Die beiden Gebäude sind an den Ecken durch einen Flur verbunden. Obwohl die Bibliothek eigentlich als ein stiller Ort gilt und die Musikhalle einen Gegenpol dazu bildet, entschied sich Maekawa, beide Räume zu verbinden. Entgegen der Erwartungen dringen die Klänge der Musikhalle trotz der Verbindung nicht in die Bibliothek vor. Dies ist dem architektonischen Können Maekawas geschuldet. Das Gebäude sollte sowohl einen ästhetischen als auch einen funktionalen Aspekt erfüllen.

Expo 58 in Brüssel: „La Main Nippone et la Machine“

Das Konzept des fließenden Raumübergangs spielte auch bei der Gestaltung des japanischen Pavillons auf der Expo 58 in Brüssel eine große Rolle. Japan präsentierte sich als moderne Nation, die fest auf der Basis der eigenen Tradition stand. Der Krieg und seine Zerstörung sollten dem Gedanken des Aufbaus und Fortschritts weichen. Maekawa Kunio als Architekt des Pavillongebäudes setzte auf eine noch stärkere Überlappung von Innen und Außen als bisher, indem er beispielsweise durch ein auskragendes Dach in Schmetterlingsform und einen versteckten Garten, ein abri dans le jardin, mittig des Pavillons die Grenzen fast verschwinden ließ. Des Weiteren erhöhte Maekawa die Mauern des Raums und nutzte sowohl durchsichtige als auch undurchsichtige Platten, um diese zu füllen, damit die Vorstellung des geschlossenen Raumes aufgehoben wird. Mithilfe dieser Elemente schaffte Maekawa fließende Raumübergänge und somit ein Werk, welches in Harmonie mit der Natur war.

Die Ausstellung im Pavillon unter dem Titel „La Main Nippone et la Machine“ war in drei Teile unterteilt: Geschichte (rekishi 歴史), Industrie (sangyô 産業) und Alltagsleben (seikatsu 生活). Die „Japanische Hand“ symbolisierte dabei die Errungenschaften der japanischen Bevölkerung: Zunächst wird die historischer Perspektive mit archäologischen und historischen Ausstellungsstücken gezeigt, um dann die Industrialisierung und den Wiederaufbau nach dem Krieg einem Bild des zerstörten Hiroshima gegenüber zu stellen. Die letzte Sektion zeigte schließlich traditionelles Handwerk und Wohnräume mit Tatami-Matten. Das Konzept der Ausstellung und der architektonische Raum Maekawas stellten den Menschen und seine Umgebung sowie sein Interagieren mit der Natur in den Vordergrund.

Auch Le Corbusier hatte übrigens einen Pavillon auf der Expo 58 entworfen, den Poème électronique: Ein futuristisch anmutendes Gebäude, in dem acht Minuten lange Vorführungen einer Komposition aus Licht, Farbe, Ton und Raum bestaunt werden konnten.

Auf der Suche nach humaner Architektur: Maekawa Kunios Stil von 1965 bis 1986

Mit der Zeit verspürte Maekawa das Verlangen, eine Architektur für die Menschen zu machen. Ziel waren Gebäude, die den Menschen Freude bereiten und für deren Wohlergehen sorgen sollten. Auch wenn er als der wichtigste Wegbereiter des Modernismus in Japan gilt, wandte er sich mehr und mehr von diesem Baustil ab, der die Technik in den Vordergrund stellte. Der rapide Wachstum der japanischen Wirtschaft ging mit einer Technisierung des Alltags einher und erhöhte den Wohlstand der Menschen erheblich. Dies hatte jedoch zur Folge, dass die Menschen sich nach der Natur sehnten. Der richtige Weg laut Maekawa musste nun so aussehen, dass ein Umfeld des harmonischen Zusammenspiels zwischen der technologischen Entwicklung und der Natur erschaffen wird.

Um die Architektur im Sinne der Menschen und ihrer Umgebung gestalten zu können, entwickelt Maekawa einen neuen Zeichenstil. Die sogenannten hitofudegaki 一筆書き (Ein-Strich Zeichnungen) ermöglichte es ihm, die Raumgübergänge noch flüssiger und natürlicher zu gestalten. Der Raum als solcher konnte von ihm mit nur einem kontinuierlichen Stich erfasst werden und der Dialog zwischen den inneren Räumen und dem Umfeld konnte nun noch schneller und effektiver realisiert werden. Im Einklang mit der Philosophie von Le Corbusier, für welchen der Plan die Basis des Designs darstellte, verschwanden in Maekawas Entwürfen die Grenzen der Räume und die Architektur befand sich im Fluss. So schaffte er es, mit seiner Architektur natürliche und friedliche Ort zu erschaffen.

Das Präfekturmuseum Saitama (Saitama-kenritsu hakubutsukan 埼玉県立博物館) stellt eine der ersten Umsetzungen des neuen Stils Maekawas dar. Er knüpfte die Räume mit fließenden Übergängen, sodass die Besucher*Innen zu einem gemütlichen Spaziergang eingeladen werden. Das Gebäude verschmilzt mit seiner Umgebung; erreicht wird dies zum einen dadurch, dass es tiefer gesetzt wird und zum anderen durch die rot-bräunlichen Ziegel, die an der Fassade angebracht sind. Auch das Museum für Ostasiatische Kunst in Köln ist nach diesem Prinzip gebaut. Die Museumsgebäude zelebrieren ein Zusammenspiel zwischen dem Raum und der äußerlichen Natur.

Fazit

Maekawa Kunio ging in die Geschichte Japans als die Schlüsselfigur des japanischen Modernismus ein. Er verband auf einzigartige Weise verschiedene Ansätze, um einen japanischen Modernismus zu erschaffen, der international anerkannt wurde: Konzepte, die er während seiner Zeit bei Le Corbusier erlernte, mit seiner eigenen Identitätssuche und Rückbesinnung auf traditionelle japanische Architektur oder Dinge, die er sich in seiner Zeit bei Antonin Raymond aneignete. Die Essenz des Raumes, die durch den fließenden Übergang sowie den Dialog zwischen dem Inneren und dem Äußeren geprägt ist, wird über die Jahre hinweg immer deutlicher gemacht. Besonders seine letzten Arbeiten vermitteln eine friedliche und einladende Atmosphäre im Einklang mit der Natur, die es durch technische Begebenheiten, wie beispielsweise einzigartige architektonische Bauweisen oder Raumkonzeptionen, schafft, eine eigene japanische Identität zum Ausdruck zu bringen. Maekawa stellte die japanische Architektur immer wieder in Frage, um etwas Neues erschaffen zu können.

Literatur


Jonny RODRIGUES RAMOS