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Gotô Keita 五島慶太

Geboren am 18. April 1882 in Aoki, Nagano. Gestorben am 14. August 1959.

Leben und Ausbildung

Gotô war der zweite Sohn von Kobayashi Kikuemon 小林菊右衛門 (k.A.) und Kobayashi Sue 小林寿ゑ (k.A.). Seine Familie war in der Landwirtschaft tätig.

Gotô begann seine Karriere 1900 als Vertretungslehrer an der Aoki Grundschule. 1902 zog er nach Tôkyô und begann ein Anglistik-Studium an der Schule für Lehrer*innen-Bildung (Tôkyô kôtô shihan gakkô 東京高等師範学校).
Mit 24 Jahren graduierte Gotô und nahm eine Stelle als Englischlehrer an der Universität von Yokkaichi in der heutigen Provinz Mie an. Der Eintritt ins Militär ermöglichte ihm eine Studienreise in die Mandschurei.

1907 begann er sein rechtswissenschaftliches Studium an der Kaiserlichen Universität Tôkyô, welches durch ein Stipendium vom Baron Katô Takaaki 加藤高明 (1860-1926) finanziert wurde. Gotô begann in diesem Zusammenhang eine Freundschaft mit Katôs Sohn Kôtarô 厚太郎 (1895-1959), welcher später als Geschäftsmann bei Mitsubishi arbeitete. 1911 graduierte er.

1912 lernte Gotô, durch den Rechtsprofessor und Baron Tomii Masaaki 富井政章 (1858-1935), Kume Machiyo 久米万千代 (?-1922) kennen und heiratete diese noch im selben Jahr. Mit der Hochzeit führte er auf Wunsch der Großmutter der Kume-Familie den Familiennamen Gotô 五島 weiter. 1922 verstarb Gotô Machiyo. Sie hinterließ vier gemeinsame Kinder, Haruko 春子 (1913-?), Hikaruko 光子 (1914-1933), Noboru 昇 (1916-1989) und Susumu 進 (1918-1943).

Gotô verstarb am 14. August 1959, im Alter von 77 Jahren, an Diabetes und Arteriosklerose.

Der Geschäftsmann

Nach Beendigung seines Studiums wird Gotô im Ministeriums für Landwirtschaft und Handel tätig. Anschließend wechselt er ins Ministerium für Eisenbahn und setzt dort von 1914 bis 1920 seinen Dienst fort.
1920 steigt Gotô in das Eisenbahngeschäft ein, welches sich als sein Steckenpferd herausstellen wird. Er wird Geschäftsführer bei Musashi Denki Tetsudô 武蔵電気鉄道. 1922 bis 1935 ist er Direktor der Privaten Bahngesellschaft Japans (Nihon Minei Testudô Kyôkai 日本民宮鉄道協会).
1922 gegründet Gotô zudem die privaten Bahngesellschaft Meguro-Kamata Dentetsu 目黒蒲田電鉄, in welcher er als Vorstandsmitglied und Berater tätig ist.
1924 wird Musashi Denki Tetsudô in Tôkyô-Yokohama Dentetsu 東京横浜電鉄 umgewandelt und Gotô fungiert als Vizepräsident.

Mit den 1930-er Jahren praktiziert Gotô eine aggressive Geschäftspolitik, welche bis zu seinem Tod durch Firmenübernahmen, Firmenneugründungen und Fusionierungen geprägt ist. Beispielhaft ist die Gründung des Filmstudios Tôyoko Eiga 東横映画 (heutiges Tôei Filmstudio 東映アニメーション) 1938; die Übernahmen der Keihin U-Bahn (Keihin chikatetsu 京浜地下鉄道) und der heutigen Sagami-Eisenbahn (Sagami tetsudô 相模鉄道) 1939 sowie die Gründung der Tôyoko Shôgyô Joshi Gakkô 東横商業女子学校 (Tôyoko Wirtschaftsschule für Mädchen). Gotô war in all seinen Projekten persönlich involviert.

Im Jahr 1939 wird die Meguro-Kamata dentetsu in die Tôkyô-Yokohama dentetsu aufgenommen. 1942 werden die Tôkyô-Yokohama dentetsu, die Odakyû Kyûkô dentetsu 小田急行電鉄 und die Keihin dentetsu 京浜電鉄 fusioniert und bilden das Fundament für die Tôkyô Kyûkô dentetsu 東京急行電鉄, auch bekannt als Tôkyû-Unternehmen. 1944 wird Gotô Vorstandsvorsitzender der Firma.

Während des Zweiten Weltkriegs 1944 ist Gotô Minister für Transport, Post und Telekommunikation im Tôjô-Kabinett. 1945 wird das Tôkyû-Unternehmen zum offiziellen Materiallieferanten des japanischen Militärs ernannt. 1947 wird Gotô des Amtes enthoben und erst später wieder aus den Untersuchungen zu den Kriegsverbrechertribunalen von Tôkyô entlassen. In diesem Kontext ist zu erwähnen, dass Informationen über Gotôs politische Bemühungen während des Zweiten Weltkriegs in den japanisch-sprachigen Quellen nicht erwähnt wird.

1948 wird das Tôkyû-Unternehmen durch die Keiô dentetsu 京王電鉄 ergänzt. Eine weitere Firmenerweiterung findet 1954 statt. Die Kokumin-Bank (Kokumin ginkô 国民銀行) wird Teil des Tôkyû-Unternehmens.

Gotô beteiligte sich, als ehemaliger Politiker für Eisenbahnentwicklung und einflussreicher Geschäftsmann, maßgeblich an der Erneuerung und Entwicklung der Areale Shibuya und Tama in Tôkyô. Die Pläne umfassten nicht nur den Ausbau der Infrastruktur und Errichtung von Wohnräumen um die Streckennetze der privaten Bahnlinien, sondern auch den Bau der neuen Den'entoshi-Linie (Den'entoshi sen 田園都市線).
Darüber hinaus gründet Gotô die Gakkô hôjin Gotô ikueikai 学校法人五島育英会, eine private Firma im Bildungssektor, welche verschiedene Institutionen vom Kindergarten bis zur Universität operiert.

Gotô war beruflich in sehr unterschiedlichen Branchen tätig: in der Filmindustrie, dem Transportwesen (umfasst Eisenbahn, Bus, Taxi usw.), dem Bauwesen, dem Bildungssektor, dem Tourismus und Hotelgewerbe, dem Immobiliensektor und der Werbebranche.

Der Kunstsammler

Gotô widmete sich während der zweiten Hälfte seines Leben, neben seinen Unternehmen, dem Sammeln von Kunstgegenständen. Seine Sammelleidenschaft begann mit shakyô 写経 (handgefertigte Kopien von Sutra), dehnte sich allerdings später auch auf Zenrin bokuseki 禅林墨跡 (Zen-Kalligrafie) und Objekten der japanischen Kulturgeschichte wie beispielsweise Teeutensilien aus.

Das Gotô Museum 五島美術館

Gotôs Intention war es, ein Museum zu errichten, welches seine Kunstsammlung der Öffentlichkeit zugänglich machte. Es sollte im Dienste der japanischen Gesellschaft und Kultur stehen. Zu diesem Zweck arbeitet Gotô selbst an den Plänen für das Museum mit, verstarb allerdings kurz vor der Eröffnung 1960.

Das Hauptgebäude des Museums wurde von dem Architekten Yoshida Isoya 吉田五十八(1894-1974) im wayô-Stil 和様 entworfen. Dieser Baustil finden seinen Ursprung in der Heian-Zeit (794-1185) und wurde in Abgrenzung zu Stilen, die vom asiatischen Festland importiert wurden, als „Japanischer Stil“ bezeichnet. 1961 wurde Yoshida für seinen Entwurf des Museums mit dem BCS-Preis (Building Contractors Society) ausgezeichnet.

Das Gotô Museum umfasst neben den Ausstellungsräumen, dem Museumsshop und Gartengelände mit einem Teehaus auch die Daitôkyû-Gedenkbibliothek (Daitôkyû kinen bunko 大東急記念文庫).
Jährlich werden sechs bis sieben Dauerausstellungen und ein bis zwei Sonderausstellungen abgehalten. Die ausgestellten Objekte aus dem Museum und der Daitôkyû-Bibliothek werden nach jeder Ausstellung gewechselt, so wird die berühmte Bildrolle des Genji monogatari (Genji monogatari emaki 源氏物語絵巻) in jeder Frühlingsausstellung für eine Woche vorgestellt und die Bildrolle des Tagebuches der Murasaki Shikibu (978-1016)(Murasaki Shikibu nikki emaki 紫式部日記絵巻) im Herbst. Beide Werke gehören zu den Nationalschätzen Japans und stammen aus der Heian-Zeit.

Neben diesen Objekten zählt des weiteren die Spiegel-Sammlung von Moriya Kozô 守屋孝蔵 (1876-1953) zum Bestand des Gotô Museums.
Die Sammlung des Museums umfasst derzeit ungefähr 5000 Objekte japanischen und chinesischen Ursprungs, darunter auch Keramik, Gemälde, Teeutensilien, Schwerter und Kalligrafie.

Die Daitôkyû-Gedenkbibliothek 大東急記念文庫

Die Daitôkyû-Bibliothek wurde 1949 gegründet um die vollständige Kollektion von Kuhara Fusanosuke 久原 房之助 (1869-1965) zu beherbergen. Diese Kollektion beinhaltet unter anderen Bücher aus Korea und China, darunter auch die geschichtlichen Aufzeichnungen der Geschichte Chinas von Sima Qian, aber auch japanische Werke von der Nara-Zeit (710-794) bis zur Edo-Zeit (1600-1868).

Die Daitôkyû-Bibliothek wurde schließlich durch die Kollektion von Inoue Michiyasu 井上通泰 (1866-1941) ergänzt. Diese beinhaltet hauptsächlich Waka aus der Edo-Zeit und wissenschaftliche Arbeiten zu Waka-Dichtung. Gotô ergänzte die Bibliothek durch eigens erstandene Bücher und Gemälde, welche die Kollektion auf ungefähr 25000 Exemplare erweiterten.
Die Daitôkyû-Bibliothek kann seit 1955 ausschließlich von Wissenschaftler*innen genutzt werden, publiziert allerdings eine institutsinterne Zeitschrift und wissenschaftliche Arbeiten.

Quellen

Paula Flemmig