Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


harry_dean_stanton_und_david_lynch_bernd_heinen

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

harry_dean_stanton_und_david_lynch_bernd_heinen [2022/05/03 15:46] – angelegt adminharry_dean_stanton_und_david_lynch_bernd_heinen [2022/05/03 15:52] (aktuell) – Zitate eingefügt admin
Zeile 7: Zeile 7:
 Gegenstand dieser Untersuchung ist der letzte Film von Harry Dean Stanton „Lucky“, der seine Zen-buddhistisch geprägte Weltsicht auf vielen Ebenen reflektiert.  Gegenstand dieser Untersuchung ist der letzte Film von Harry Dean Stanton „Lucky“, der seine Zen-buddhistisch geprägte Weltsicht auf vielen Ebenen reflektiert. 
  
-Harry Dean Stanton (1926-2017) war einer der wichtigsten und eigenwilligsten Nebendarsteller des amerikanischen Kinos, er brachte es auf fast 250 Filme und Serienepisoden. Er entwickelte im Laufe seiner langen Karriere in Hollywood eine Unmittelbarkeit und immer wiederkehrende Präsenz seines Spiels, die sich von vielen anderen Nebendarstellern unterschied. Er war eine „Institution“. Auch die Regisseure des „New American Cinema“, die parallel zur „Nouvelle Vague“ in Frankreich Film und Kino revolutionierten, besetzten Stanton sehr häufig. In zwei Filmen spielte er die Hauptrolle: „Paris, Texas“ (1984) von Wim Wenders, wo er auf der Suche nach seiner Familie durch die Wüste läuft, und in der zartbitteren, ironisch-humorvollen Hommage an den im Lauf der langen Jahrzehnte zur Kultfigur gewordenen Harry Dean Stanton: „Lucky“ (2016). Eine wichtige Hauptfigur in diesem Film ist David Lynch, ebenfalls jahrelang „Kult“, ein Avantgardist, Klassiker des postmodernen Kinos, Regisseur surrealer unheimlicher Traumwelten und dunkler psychischer Abgründe. Der „Lynchismus“ (Georg Seeßlen, [1]) stellt in Lucky neben der Wüste des amerikanischen Südwestens mit seiner Western-Atmosphäre, Luckys ritualisierten Tagesablauf und den von einem lebenspraktischen Zen inspirierten Gesprächen, die zentrale Metaebene des Films dar. +Harry Dean Stanton (1926-2017) war einer der wichtigsten und eigenwilligsten Nebendarsteller des amerikanischen Kinos, er brachte es auf fast 250 Filme und Serienepisoden. Er entwickelte im Laufe seiner langen Karriere in Hollywood eine Unmittelbarkeit und immer wiederkehrende Präsenz seines Spiels, die sich von vielen anderen Nebendarstellern unterschied. Er war eine „Institution“. Auch die Regisseure des „New American Cinema“, die parallel zur „Nouvelle Vague“ in Frankreich Film und Kino revolutionierten, besetzten Stanton sehr häufig. In zwei Filmen spielte er die Hauptrolle: „Paris, Texas“ (1984) von Wim Wenders, wo er auf der Suche nach seiner Familie durch die Wüste läuft, und in der zartbitteren, ironisch-humorvollen Hommage an den im Lauf der langen Jahrzehnte zur Kultfigur gewordenen Harry Dean Stanton: „Lucky“ (2016). Eine wichtige Hauptfigur in diesem Film ist David Lynch, ebenfalls jahrelang „Kult“, ein Avantgardist, Klassiker des postmodernen Kinos, Regisseur surrealer unheimlicher Traumwelten und dunkler psychischer Abgründe. Der „Lynchismus“ (Georg Seeßlen)((1. Seeßlen, Georg (2007): Von der Kunst zum Kino und Zurück. In: epd Film, H.4, S.20-25)) stellt in Lucky neben der Wüste des amerikanischen Südwestens mit seiner Western-Atmosphäre, Luckys ritualisierten Tagesablauf und den von einem lebenspraktischen Zen inspirierten Gesprächen, die zentrale Metaebene des Films dar. 
  
  
Zeile 16: Zeile 16:
 Mit dem Erscheinen von David Lynch wird der Narration des Films eine philosophisch und psychoanalytisch determinierte Tiefenebene einbezogen. Die Selbstreferenz des Kinos und die Zitatenlust der Postmoderne werden in Form der Jahrzehnte langen Freundschaft Stanton/Lynch aktiviert. Mit Howard wird der Kosmos der David-Lynch-Filme für diesen letzten Stanton-Film in Szene gesetzt. Mit dem Erscheinen von David Lynch wird der Narration des Films eine philosophisch und psychoanalytisch determinierte Tiefenebene einbezogen. Die Selbstreferenz des Kinos und die Zitatenlust der Postmoderne werden in Form der Jahrzehnte langen Freundschaft Stanton/Lynch aktiviert. Mit Howard wird der Kosmos der David-Lynch-Filme für diesen letzten Stanton-Film in Szene gesetzt.
  
-Der erste Kontakt zwischen Lynch und Harry Dean war ein 22minütiges Video mit dem Titel „The Cowboy and the Frenchman“ von 1988. Ein Video, das vom Versagen von Sprache und Missverständnissen handelt, eine Komödie, die aber auch ein Western ist.  Stanton spielte dann im furiosen, sehr gewalttätigen „Wild at Heart“ (1990) einen dubiosen Privatdetektiv, der im Auftrag einer Mutter ein Liebespaar beschatten und auseinanderbringen soll. Dieser Film ist eine erschütternde, wilde und traumatische Reise durch die „Außenwelten der amerikanischen Innenwelt“ (Norbert Grob, [2]). Weiter spielte er in den verschiedenen Fassungen von „Twin Peaks“ und in der letzten 5-teiligen Fernsehfassung von 2015, war er ein Campingplatz-Besitzer. Im völlig untypischen Lynch-Film „The Straight Story“ (1999) ist er der kranke Lyle, der von seinem Bruder nach vielen Jahren erstmals wieder aufgesucht wird. Beide hatten sich zerstritten, jetzt soll nach zehn Jahren eine Versöhnung versucht werden. Die Reise zu Lyle findet mit einem durch Motor verstärkten Rasenmäher statt und führt quer durch die USA. Stanton gehörte zu Lynchs „Stock Company“, einer Besonderheit des amerikanischen Kinos. Hier verpflichtet ein Studio häufig einen Regisseur, der mit seiner Stammtruppe von vertrauten Technikern und bekannten Schauspieler*innen eine Garantie für eingespielte Teams geben kann. Berühmt wurden die Stock Companies von John Ford, Alfred Hitchcock oder Howard Hawks. Zwischen Lynch und Stanton hatte sich bei diesen Dreharbeiten eine feste Freundschaft entwickelt, für die sich Lynch durch seine intensive Teilnahme an „Lucky“ bedankte. In den Dialogen zwischen beiden entfaltet sich eine abgeklärte Komik, man kann den Spaß und die gegenseitige Vertrautheit in ihren gemeinsamen Szenen fühlen und ansehen.+Der erste Kontakt zwischen Lynch und Harry Dean war ein 22minütiges Video mit dem Titel „The Cowboy and the Frenchman“ von 1988. Ein Video, das vom Versagen von Sprache und Missverständnissen handelt, eine Komödie, die aber auch ein Western ist.  Stanton spielte dann im furiosen, sehr gewalttätigen „Wild at Heart“ (1990) einen dubiosen Privatdetektiv, der im Auftrag einer Mutter ein Liebespaar beschatten und auseinanderbringen soll. Dieser Film ist eine erschütternde, wilde und traumatische Reise durch die „Außenwelten der amerikanischen Innenwelt“ (Norbert Grob)((Grob, Norbert (2002): Zwischen Licht und Schatten: Essays zum Kino. St. Augustin: Gardez, S. 130 u. s.150-151)). Weiter spielte er in den verschiedenen Fassungen von „Twin Peaks“ und in der letzten 5-teiligen Fernsehfassung von 2015, war er ein Campingplatz-Besitzer. Im völlig untypischen Lynch-Film „The Straight Story“ (1999) ist er der kranke Lyle, der von seinem Bruder nach vielen Jahren erstmals wieder aufgesucht wird. Beide hatten sich zerstritten, jetzt soll nach zehn Jahren eine Versöhnung versucht werden. Die Reise zu Lyle findet mit einem durch Motor verstärkten Rasenmäher statt und führt quer durch die USA. Stanton gehörte zu Lynchs „Stock Company“, einer Besonderheit des amerikanischen Kinos. Hier verpflichtet ein Studio häufig einen Regisseur, der mit seiner Stammtruppe von vertrauten Technikern und bekannten Schauspieler*innen eine Garantie für eingespielte Teams geben kann. Berühmt wurden die Stock Companies von John Ford, Alfred Hitchcock oder Howard Hawks. Zwischen Lynch und Stanton hatte sich bei diesen Dreharbeiten eine feste Freundschaft entwickelt, für die sich Lynch durch seine intensive Teilnahme an „Lucky“ bedankte. In den Dialogen zwischen beiden entfaltet sich eine abgeklärte Komik, man kann den Spaß und die gegenseitige Vertrautheit in ihren gemeinsamen Szenen fühlen und ansehen.
  
  
harry_dean_stanton_und_david_lynch_bernd_heinen.txt · Zuletzt geändert: 2022/05/03 15:52 von admin