Koyama Mihoko wurde 1910 in Ôsaka in die Familie Kawasaki 河崎, vermögende Großhändler und Finanzunternehmer, geboren und verstarb im Jahr 2003. 1935 nahm sie nach ihrer Heirat den Nachnamen ihres Mannes, Koyama 小山, an.
Koyama wuchs in einem Elternhaus auf, das Wert auf die Pflege shintoistischer Bräuche legte. Zudem wurde sie nach buddhistischen Idealen erzogen, die durch den Glauben an Kannon bosatsu 観音菩薩, den Bodhisattva der Barmherzigkeit, geprägt waren. Nach Absolvierung der grundständigen Schulausbildung ging sie 1928 nach Tôkyô, um dort die private Frauenschule Jiyû gakuen 自由学園 zu besuchen, die erst einige Jahre zuvor von Hani Motoko 羽仁もと子 (1873-1954) und ihrem Ehemann Hani Yoshikazu 羽仁吉一 (1880-1955) gegründet worden war. Hani Motoko, eine ausgebildete Lehrerin, die sich zum christlichen Glauben bekannte, gilt als die erste Journalistin Japans und legte Wert darauf, die jungen Frauen in ihrer Schule zur Eigenständigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu erziehen. Nach eigener Aussage inspirierte Koyama in dieser Zeit vor allem der christliche Gedanke, dass jeder Mensch auf der Welt sei, um anderen Gutes zu tun.
Während der Schwangerschaft mit ihrer Tochter Hiroko 弘子 (1940-) kam Koyama erstmals mit den Lehren Okada Mokichis 岡田茂吉 (1882-1955) in Kontakt und wurde 1941 seine Schülerin. Noch bevor sich die von Okada geführte spirituelle Vereinigung Shinsei kyûsei-kyô 世界救世教 nannte, gründete Koyama innerhalb der Dachorganisation die Gruppierung Shûmei-kai 秀明会. Dabei machte sie das Prinzip, dass die Beschäftigung mit Schönheit, sei sie aus der Natur oder von Menschen geschaffen, den Geist nährt und nicht nur zum eigenen Glück, sondern auch zur Harmonie der ganzen Gesellschaft führt, zu ihrem Grundsatz.
Nach dem Tod Okadas zeichnete sich in der Shinsei kyûsei-kyô die Tendenz ab, die heterogen organisierte Anhängerschaft unter zentraler Führung zu vereinen. Aus Furcht, dass bei der damit einhergehenden Zusammenfassung der Glaubensgrundsätze die besondere Ausprägung der einzelnen Splittergruppen verloren ginge, gab es viele Abspaltungen, darunter auch die von Koyama geführte Shûmei-kai. 1970 machte sie sich unter dem Namen Shinji shûmei-kai 神慈秀明会 selbstständig. Seitdem agiert sie zwar völlig unabhängig von der Shinsei kyûsei-kyô, Okada wird jedoch weiterhin als der geistige Stifter angesehen. Die Grundpfeiler: Reinhaltung der Seele, Streben nach geistiger Schönheit und naturnaher Lebensführung stehen in seiner Tradition.
1983 ließ sich die Vereinigung in Shibaraki in den Bergen der Präfektur Shiga nieder und eröffnete ihr spirituelles Zentrum Misono 神苑. 1990 konnte Koyama für den Bau eines Glockenturms den renommierten Architekten I. M. Pei (1917-2019) gewinnen. Als sie ein Jahr später den Plan fasste die Schönheit ihrer Kunstsammlung durch eine Museumsgründung mit der Welt zu teilen, betraute sie diesen erneut mit der Umsetzung. Pei sagte angeblich nur unter der Bedingung zu, dass sie ihre hauptsächlich aus japanischen Kunstgegenständen bestehende Sammlung durch Objekte aus der ganzen Welt erweitere, da er ein Museum mit internationaler Tragweite errichten wollte.
1997 feierte das Miho Museum seine Eröffnung, bei dessen Gestaltung sich Pei von der chinesischen Geschichte Tôkagenki 桃花源記 inspirieren ließ. Darin folgt ein Fischer einem Flusslauf, der in einen Hain aus blühenden Pfirsichbäumen führt, bis dieser in einer Grotte mündet. Nachdem er auch diese durchquert hat, entdeckt der Fischer auf der anderen Seite ein von der Welt entrücktes Paradies. In Anlehnung daran erblicken Besucher den gläsernen Aufbau des Museums, der an die Tempelarchitektur der Gegend angelehnt ist, erst am Ende eines 200 m langen gewundenen Tunnels, der eigens für das Projekt in den Berg gebohrt wurde. Von dort führt eine über den Taleinschnitt gespannte Hängebrücke zum Eingang der Ausstellungsräume. Im Hintergrund ist die Spitze des Glockenturms neben dem Dach des hinter dem folgenden Bergrücken liegenden Zentrums Misono gerade noch zu erkennen.
Damit sich die Anlage optisch möglichst natürlich in ihre Umgebung einfügt, befinden sich achtzig Prozent der Ausstellungsfläche unter der Erde, wobei Schächte in jede Halle etwas Tageslicht fallen lassen und die Verbindung zur Oberwelt wahren sollen.
Die stetig wachsende Sammlung umfasst derzeit etwa 3000 Objekte, wovon ein Großteil vermutlich in den sechs Jahren zwischen Planungsbeginn und Museumseröffnung von Koyama und ihrer Tochter Hiroko, die inzwischen die Führung der Shinji shûmei-kai übernommen hat, angekauft wurde. Einen Schwerpunkt bildet die Erweiterung der ursprünglichen Sammlung Koyamas, bestehend aus japanischer Kunst mit Tee-Utensilien, Keramik, Skulpturen, Lackarbeiten, Malerei, Kalligrafie sowie Werken, die dem Bereich des Buddhismus und Shintôismus anzurechnen sind. Diese entstammen einer Zeitspanne von der Nara- (710-794) bis hin zur Edo-Zeit (1603-1868). Demgegenüber liegt der zeitliche Fokus des anderen Teils der Sammlung auf der Antike. Mit Objekten aus Rom, Griechenland, Ägypten, West-, Zentral- und Ostasien sowie den amerikanischen Kontinenten, ist der zweite Schwerpunkt geografisch gesehen allerdings sehr vielfältig.
Zur Anzahl an Nationalschätzen oder anderen besonders ausgewiesenen Werken macht das Museum keine Angabe. Auf der Website finden sich jedoch Objekte, die als bedeutende Kulturgüter ausgezeichnet sind.
In den nach Herkunftsregionen eingeteilten Hallen werden im Wechsel jeweils 250 bis 500 Werke aus dem Sammlungsbestand gezeigt. Zudem finden Sonderausstellungen zu ausgewählten Themen statt.
Leonie Bätz